Stell dir folgendes Szenario vor: du bist seit 17 Jahren Mitglied einer der grössten Parteien der Schweiz. Du bist im Gemeinderat und verantwortest Ressort Gesundheit und Soziales. Du lässt keine Chance ungenutzt dich in den Medien zu präsentieren. Egal ob Zeitung oder Talkshow. Hauptsache du kannst deine polarisierende Meinung zum Lieblingsthema Einwanderung, Asyl- oder Flüchtlingspolitik breit darstellen. Du verschaffst dir ziemlich viel Gehör - vor allem bei Blick-Lesern. Man kennt dich im ganzen Land. Nicht zuletzt dadurch schaffst du es nach den Wahlen eine Karriereleiter höher in den Nationalrat. Hocharbeiten – so nennst du es selbst. Und das ist jetzt kein Aprilscherz!
Du willst Sozialhilfe auf PrePaid-Karten statt Bargeld und stellst dich gegen das Bundes-Asylzentrum im Kanton Aargau. Sowieso: Ausschaffen kommt für dich vor Integrieren. Als Betriebsökonom kannst du gut mit Zahlen. So gut, dass man dir sogar glaubt – selbst wenn du Statistiken nur einseitig beleuchtest. Ja, selbst erlebt!
Meine Einbürgerung hättest du wohl verhindert. So wie du meine sachlichen Einwände unter eben diesen Statistiken in deinen Facebook-Posts verhindert hast. Dein Sohn heisst wider erwarten weder Hansueli noch Fritz. Trotzdem bist du ein stolzer Schweizer. Nein, nicht von der SP. Das ist soweit klar.
Dann: Vorhang auf für Corona. Und plötzlich wird alles ganz still. Totenstill. So still, dass man förmlich die Viren hört umherschwirren. Vor allem wird es still um dich. Wo du vorher mit täglicher Kadenz Themen penetriert hast, fällt seit Tagen kaum ein Wort. Oh Moment, dann plötzlich fällt dir doch was ein. Patientenverfügung. Jetzt unterschreiben. Ganz wichtig.
Nicht das ich etwas gegen Patientenverfügungen einzuwenden hätte. Das Thema ist sehr wichtig. Aber nicht nur wegen Corona. Sondern immer. Ich bin also enttäuscht. Enttäuscht darüber, dass du die erzwungene sessions-freie Zeit nicht nützt. Nützt um deiner sonst so geliebten Audienz zu zeigen, dass du ein Herz für Menschen hast. Für sozial schwache Meschen in deiner Gemeinde. Oder in der Schweiz.
Ihr fragt euch, warum ich das alles schreibe? Es schmerzt in meinem Herz, dass nicht alle Menschen gleich sind. Einige sind gleicher als andere. Und «die anderen» sind der Feind von gewissen Politikern in diesem Land. Auch wenn sie dies unter dem Deckmantel von exponentiell steigenden Sozialkosten (die es zu kontrollieren gilt) vertuschen wollen. Und einige nehmen sich nicht mal die Mühe es zu vertuschen. So ist es nun mal. Wir leben in einer Zweiklassen-Gesellschaft. Und die Krise hat dies zu meinem Leidwesen intensiviert!
Deswegen, Heilige Corona, bitte lass es Hirn regnen! Und Solidarität. Viel davon. Mehrere tausend Schiffscontainer voll. Please! Auf die Gefahr hin, dass mein Publikum jetzt kleiner wird: Danke, dass du trotzdem zu Ende gelesen hast. Vielleicht werde ich im nächsten Leben Politikerin. Mal sehen! Nein, das ist keine Drohung! Und morgen gibt es dann wieder ein entspannteres Thema vielleicht. Ich geb mir Mühe.
Und jetzt schulde ich euch noch ein Rezept. Im Alltagsstress habe ich es gestern total vergessen, dass ich euch dieses hier versprochen hatte:
Poulet-Stroganoff aus dem Ofen
Ist keine Selbsterfindung. Das Rezept ist von Betty Bossi und du findest es hier.
Wegen Corona stellt Betty Bossi übrigens alle Kochbücher online kostenfrei zur Verfügung. Hier erfährst du mehr.
Bliib gsund und bis bald!
Besitos ❤️
Diana
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